Bergdorf bei Namhsan, Myanmar

Hsipaw in Myanmar (Nördlicher Shan Staat)

Mein Aufenthalt in Hsipaw

Nachdem ich nicht nach Keng Tung durchgelassen wurde und das nächste Dorf bei Nacht und Nebel fluchtartig verlassen musste, fuhr ich am nächsten Tag von Lashio nach Hsipaw. Eine recht kurze Etappe. Am Nachmittag des selben Tages fuhr ich noch nach Namtu. Unterwegs hielt ich an einem Kloster an. Ein netter Burmese lud mich ein, das Kloster zu besichtigen und er führte mich auch ins Wohngebäude. Dort war in einem Raum auch ein verehrter Mönch und eine Nonne. Wir knieten uns vor ihm hin und verneigten uns. Die drei unterhielten sich, ich verstand leider kein Wort.

Fahrt nach Namhsan

Tags darauf fuhr ich nach Namhsan. Es war eine schöne Strecke ständig am Berg entlang hoch über dem Tal. Leider musste man den Rückweg über die selbe Strecke machen, da ab Namhsan die Strasse für Touristen gesperrt war.
Unterwegs hielt ich an einem kleinen Loch in einer Felswand neben der Strasse an. Um das Loch herum war eine Umrahmung mit 2 Drachen als Verzierung.
In der Höhle führte eine Bambusleiter steil nach unten. Ein junger Burmese mit seinem Motorrad hielt neben mir an. Er bot mir eine Zigarette und Betelnuss zum Kauen an. Ich lehnte dankend ab. Der Burmese zündete sich die Zigarette an und opferte diese dann zusammen mit Betelnuss an einem der Drachen. Dann stieg er mit mir über die Bambusleiter hinunter. Die Höhle war sehr eng und führte etwa 15 Meter in den Fels hinein. Ich hatte meine Motorradjacke vorher ausgezogen um besser durchzukommen. Der Burmese sage noch er sei von der T.N.L.A. und deutete durch Gesten ein Gewehr an. Er stieg aufs Motorrad und war dann auch schon wieder weg.

Fahrt in die Berge

Am dritten Tag fuhr ich über eine unasphaltierte Strasse etwa 30-40 km in die Berge (oder besser Hügel) hinein.
Die Strasse war zwar nicht asphaltiert, mit dem Motorrad aber gut zu bewältigen.
Nur bei den steilen Auf- und Abfahrten präsentierte sich die Strasse in einem katastrophalen Zustand. Tiefe Furchen und zahlreiche größere Steine waren nur mit Mühe zu bewältigen.
Das erste Dorf befand sich am Übergang vom Flachland zu den Hügeln. Nach kürzerer Zeit kam ein weiteres Dorf. Dort hielt sich eine größere Gruppe von Trekkern auf. Auch das dritte Dorf war nicht weit entfernt. Danach kamen für eine lange Zeit keine menschlichen Ansiedlungen mehr. Hin und wieder waren Soldaten zu sehen. In den Dörfern oder auch im Gebüsch am Wegesrand. Es ging lange bergauf und dann wieder etwas hinab. Nachdem ich eine Kurve umfahren hatte, lag plötzlich ein größeres Dorf auf einem Bergrücken vor mir. Im Dorf befanden sich auch ein Kloster und ein Tempel mit 3 goldenen Pagoden auf dem Dach.
Ich fuhr noch weiter bis zum nächsten Dorf und dann noch ein paar Kilometer weiter. Dort begann plötzlich wieder eine asphaltierte Strasse. Möglicherweise kam diese von Namshaw her. Auf den Hügeln der Umgebung sah man noch mehrere kleinere Dörfer.
Auf dem Rückweg blieb ich in einem der Dörfer stehen und ging zu Fuß durch das Dorf. Man lud mich ein, hier zu übernachten.

Besuch in einem Palaung Dorf in Burma

Ein tätowierter Junge sprach etwas englisch. Er brachte mich zur Dorflehrerin, einer jungen schlanken Frau mit langen Zöpfen. Diese kochte mir eine Nudelsuppe zum Essen (mit Essstäbchen + Suppenlöffel).
Ich erfuhr, dass es diesen Abend eine Musikveranstaltung im Dorf geben soll. Wir gingen zurück ins Dorf. Plötzlich erschienen bewaffnete Soldaten. Ihr Anführer begrüßte mich. Einer der Musiker, der sehr gut englisch sprach, sagte mir, dass das Konzert für die T.N.L.A. gegeben wird. Das ist die Ta'an National Liberation Army, eine von mehren hier tätigen Armeen. Die T.N.L.A. kämpft für Autonomie und gegen den Opiumanbau. Opium wird angeblich von der burmesischen Armee in der Gegend um Namhsan angebaut. Burma ist, nach Afghanistan, der zweitgrößte Opiumproduzent der Welt.
Dann gab es noch ein zweites ausgiebigeres Abendessen, mit vielen Schüsseln und verschiedenen Speisen darin. Gemüse, Fleisch, Fisch, Reis, usw.
Danach ging es zum Konzert.

Musikkonzert in Myanmar

In einem grossen Raum hatten sich alle Dorfbewohner versammelt und saßen auf dem Fußboden. Sandalen und Schuhe blieben vor der Tür.
Der General der T.N.L.A. bat mich an seinen Tisch. Es befand sich nur dieser eine Tisch im Raum. Es waren ein paar Speisen auf dem Tisch. Unter anderem auch Tee-Salat, eine burmesische Spezialität.
Als Getränk wurde Tee serviert. In den Hügeln um Hsipaw wird sehr viel Tee angebaut. Dieser ist trüb, sehr stark im Geschmack, und schmeckt fast wie Kaffee. Der General lies Bier holen und schenke auch mir ein. Außerdem gab es noch Zigaretten.
Der General aß viel vom Tee-Salat.

Die Tische in den traditionellen Häusern in Burma sind sehr niedrig, vielleich 30 cm hoch. Man sitzt darum herum im Schneidersitz auf dem Boden. In den Räumen der Häuser befand sich außer dem Tisch und manchmal ein paar sehr niederen Hockern aus Holz kaum anderes Mobiliar. Jedes Haus hatte in einem Raum eine größere Nische, in der sich ein Altar befand.

Das Konzert begann mit ein paar kürzeren Ansprachen der Dorfhonorationen. Auch der General hielt eine kämpferische Ansprache und verstand es das Publikum mitzureissen.
Danach begann die Musik zu spielen. Abwechselnd gab es Gesang oder traditionelle Tänze der festlich gekleideten Palaung Frauen und Männer. Auch die Dorflehrerin und der General sangen Lieder. Wer es gut gemacht hatte bekam glitzernde Girlanden umgehängt. Auch ein paar Tausend Khyats gab es für die Darsteller. Das Geld wurden vorher von den Zuschauern eingesammelt. Auch ich wurde vom General eingeladen, Girlanden und Geld an die Sängerinnen zu übergeben, was für grossen Applaus und Gelächter sorgte.
Am Ende trug eine Frau eine Art Sprechgesang vor und erhielt grossen Applaus dafür. Auch ein Mitglied der Band sang noch ein Lied.
Nach etwa 4 Stunden war das Konzert vorbei und die Dorfbewohner gingen nach Hause.

Übernachtung

Ich übernachtete gemeinsam mit der Band in einem Raum eines Hauses. Als ich ankam wurde gerade ein größeres Exemplar einer Küchenschabe zur Tür hinaus gescheucht. Wir schliefen auf einer dünnen Matratze auf dem Fußboden und hatten eine dickere Decke zum zudecken. Im Raum befanden sich außer einem kleinen Tisch und ein paar kleinen Hockern keine anderen Möbel.
Eine große Altarnische befand sich in der Wand.
Weiters hing noch ein Portrait eines Generals, ein grosses Poster mit einer Kalksteinlandschaft im Meer mit einkopierten Blumen im Vordergrund (Thailand?) und ein grosses Poster der Geislerspitzen in Villnöss (Südtirol) mit mehreren einkopierten Häusern in der Landschaft. Da war ich nun in diesem abgelegenen Dorf in Burma und fand dort ein Poster mit einem Motiv aus meiner Heimat.
Nachts wurde das Licht angelassen. Ob es wegen der Küchenschaben war, die das Licht scheuen? Ich hatte anfangs Schwierigkeiten einzuschlafen, habe dann aber doch gut geschlafen. Dank meines dünnen Schlafsackes und der dicken Decke war es angenehm warm.
In der Früh wurde ich vom ersten Hahnenschrei geweckt.

Am nächsten Tag nach dem Frühstück brach ich auf. Es waren noch 8 Stunden bis Mandalay, wo ich heute das Motorrad zurückgeben musste.
Nach etwa halbstündiger Fahrt wurde ich auf der Strasse von Soldaten der T.N.L.A. aufgehalten. Zuerst wurde mir am Strassenrand gegrillter Fisch angeboten, dann wurde ich angewiesen einem der Soldaten zu folgen. Es ging steil bergauf. Nach ein paar Minuten kamen wir an einen Unterschlupf mit Schützengraben im Wald. Es ging noch weiter, immer steil nach oben. Ich hatte Mühe, dem Soldaten vor mir zu folgen. Er trug sein Gewehr auf der Schulter. Ich hatte ständig den Gewehrlauf im Gesicht. Die Strasse war schon weit unter uns als wir endlich auf der unbewaldeten Hügelkuppe ankamen. Dort befanden sich mehrere Schützengräben und ein Unterschlupf aus Holz und Zeltplanen. Lachend kam der General heraus. Er hatte mich bereits erwartet. Er bot mir einen Tee an, den wir aus Bambusbechern tranken. Er zeigte mir weitere Stellungen auf den umliegenden Hügeln. Danach fuhren wir mit einem Motorrad auf einen höher gelegenen Hügel. Auch dort befanden sich Schützengräben, eine Pagode und eine angebaute Hütte. Hier war also das Hauptquartier der Soldaten. Man konnte die ganze Gegend mit Strassen und umliegenden Dörfern überblicken. Der General zeigte mir, wo sich die Gebiete feindlicher Armeen befanden und in welcher Gegend Opium angebaut wurde.
In der Hütte brannte ein offenes Feuer in einer Herdstelle, darauf ein Teekessel. Wir aßen Reis mit Gemüse und Hühnerfleischstückchen und tranken Tee und Reisschnaps aus Bambusbechern. Danach absolvierten wir noch Schießübungen auf die leere Schnapsflasche (Plastik). Der Knall beim Abschiessen einer Patrone war ohrenbetäubend.
Anschließend bedankte und verabschiedete ich mich beim General und wurde von einem der Soldaten mit einem Motorrad den steilen Fußweg nach unten gebracht.


© Günther Drescher []